Verbesserungen
an der Montierung Skywatcher EQ-6
von Ulrich Teschke
Mit der neuen Montierung Skywatcher EQ-6 bekommt man "viel Montierung"
zu einem günstigen Preis. Dass eine neue Montierung Kinderkrankheiten
hat, und dass man für so wenig Geld keine Wunder erwarten darf, sollte
allerdings jedem Käufer klar sein. Eine Reihe kleiner Schönheitsfehler
lässt sich jedoch mit geringem Aufwand beheben. Selbst das größte
Manko, der nicht funktionsfähige Polsucher, kann mit ein wenig Bastelarbeit
einsatzbereit gemacht werden.
Mit der EQ-6 wagt der chinesische Hersteller Synta den Vorstoß
in die Mittelklasse der Montierungen und versucht den Spagat zwischen Qualität
und günstigem Preis. Die vielen Vorbestellungen und die zwischenzeitlich
ausverkauften Lager zeigen, dass hier offensichtlich eine Marktlücke
besteht. Nun muss sich jedoch erweisen, ob der Spagat gelungen ist und
die Qualität mit den bis zu viermal teureren Konkurrenzprodukten mithalten
kann.
Als ich meine Neuerwerbung in Betrieb nehmen wollte, musste
ich zunächst einmal feststellen, dass keine Bedienungsanleitung mitgeliefert
wurde. Der Aufbau ist jedoch so einfach, dass man das auch ohne Anleitung
schafft. Die Bedienung des Polsuchers allerdings hat dann doch einige
Fragen aufgeworfen. Ich habe mir dann die englische Bedienungsanleitung,
die tatsächlich existiert, aus dem Internet heruntergeladen [2], nur
um festzustellen, dass auch hier der Polsucher nicht erläutert wird.
Also habe ich mich mit der drehbaren Sternkarte neben die Montierung gesetzt,
um die Funktionsweise selber herauszufinden.
Das Problem
Am Ende musste ich feststellen, dass eine Markierung als reproduzierbarer
Bezugspunkt fehlt. Dadurch ist der Polsucher leider unbrauchbar und somit
die Montierung in der ausgelieferten Form für Langzeit-Astrofotografie
nicht geeignet, wie auch in [1] festgestellt wurde. Diese harte Aussage
lässt sich jedoch relativieren, wenn es gelingt, eine geeignete Markierung
anzubringen. Dies ist allerdings gar nicht so einfach, weil der zu überbrückende
Abstand von der Datumsskala zum feststehenden Gehäuse recht groß
ist. Außerdem muss dazwischen die Abdeckkappe aufgeschraubt werden, auf
die ich auch nicht verzichten wollte. Dies ist den Konstrukteuren vermutlich
auch erst aufgefallen, als sie ganz zum Schluss die Bedienungsanleitung
schreiben mussten. Um den Mangel zu vertuschen, hat man die Beschreibung
des Polsuchers dann vorsichtshalber ganz weggelassen.
Nun könnte man einfach am Gehäuse einen Zeiger anbringen,
der auf die Datumsskala zeigt. Doch dann müsste man auf die schöne,
stabile Abdeckkappe verzichten. Ein Zeiger oberhalb der Kappe macht auch
keinen Sinn, weil durch den großen Abstand zur Skala die Genauigkeit
nicht ausreichend wäre. Die folgende Lösung allerdings verbindet
die oben genannten Wünsche alle miteinander.
b
Abb.1: Der verbesserte Polsucher
Die Lösung
Am Polachsengehäuse wird ein Zeiger angebracht, bei mir ist
er aus 0,5 mm Edelstahl-Federblech gefertigt (Abb.1). Die Position des
Zeiger ist unerheblich, da nachher auf den Zeiger justiert wird. Für
einen guten Einblick ist es allerdings sinnvoll, den Zeiger oben anzubringen.
Zur Befestigung des Zeigers mit zwei Schrauben M3 habe ich einfach mutig
ins Gehäuse gebohrt. Bei 6 mm Bohrungstiefe bin ich glücklicherweise
auf kein Hindernis gestoßen. Wer keinen Gewindebohrer hat kann
hier einfach eine Stahlschraube in das weichere Aluminium drehen, bei
einer Vorbohrung von 2,7 mm.
Abb.
2: Abmessungen des Alu-Ringes
Oberhalb der Datumsskala wird ein gedrehter Alu-Ring eingesetzt (Abb.2).
Hierfür muss der gesamte Polsucher aus der Achse herausgeschraubt
werden. Der Ring ist auf der Innenseite mit Veloursfolie beklebt, so dass
er zwar drehbar ist, sich aber nicht von alleine verstellen kann. Die Außenseite
ist poliert, damit sich der Zeiger darin spiegelt. Dadurch vermeidet man
später bei der Einstellung einen Parallaxenfehler, wenn man immer so
schaut, dass der Zeiger und sein Spiegelbild in einer Flucht liegen. Der
Alu-Ring hat eine durchgehende Markierung auf der Außenseite und der Stirnfläche.
Diese Markierung stellt die Verbindung her zwischen Zeiger und Datumsskala.
Zeiger und Alu-Ring sind so bemessen, dass die Abdeckkappe noch dazwischen
aufgeschraubt werden kann (Abb.3).
Wer keine Möglichkeit
hat, den Alu-Ring zu drehen oder drehen zu lassen, kann das ganze auch mit
einfachen Mitteln bauen, weil Ring und Zeiger keine Präzision erfordern,
sondern nur Reproduzierbarkeit, d. h. sie dürfen nicht wackeln. Der
Ring könnte z.B. aus Holz ausgesägt werden mit einer Scheibe aus
Pappe davor. Am Außendurchmesser wird dann ein Stückchen flach abgefeilt
und ein kleines Stück Spiegel mit einer eingeritzten Kerbe
aufgeklebt. Der Verlauf
der Kerbe wird dann stirnseitig mit einem Bleistiftstrich auf der Pappe verlängert.
Der Zeiger kann einfach ein angeklebter Nagel sein, er darf aber nicht verrutschen
oder verbiegen.
Abb.
3: Die Abdeckkappe lässt sich unter dem Zeiger aufschrauben.
Die Handbox ist mit Klettband
angeheftet.
Benutzung des Polsuchers
Vor der Benutzung muss der Polsucher gut justiert werden, was leider
werkseitig nicht geschehen ist. Zuerst wird der Polsucher zur Polachse
ausgerichtet und danach die Position der Polarsternmarkierung eingestellt
(siehe hierzu Kasten 1). Die anschließende Benutzung des Polsuchers
ist in Kasten 2 erläutert.
Mit dieser einfachen aber entscheidenden Verbesserung wird auch
mit der EQ-6 Astrofotografie möglich. Eventuell empfiehlt es sich
noch eine bessere Steuerung nachzurüsten, die mit Mikroschrittbetrieb
für eine bessere Laufruhe sorgt. Eine geringere Korrekturgeschwindigkeit
als 2-fach wäre ebenfalls von Vorteil.
Ansonsten gibt es an der EQ-6 nur Kleinigkeiten zu bemängeln,
wie sie auch an erheblich teureren Montierungen zu finden sind. Ein paar
kleine Verbesserungen, die den Umgang mit der Montierung erleichtern,
sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Kasten 1: Justage
des Polsuchers nach den Verbesserungsmaßnahmen
- Ein entferntes Objekt
(z.B. Schornstein, Kirchturmspitze) in das Fadenkreuz stellen.
- Die Polachse um 180°
schwenken. Das Objekt soll dabei im Fadenkreuz stehen bleiben.
- Andernfalls die 3
Madenschrauben am unteren Ring so verstellen, dass das Objekt den halben
Weg zum Fadenkreuz zurück wandert.
- Das Objekt erneut
ins Fadenkreuz stellen und den Vorgang so oft wiederholen, bis das Objekt
beim Schwenken im Fadenkreuz bleibt.
Position der Polarsternmarkierung
für MEZ
- Das Stativ so aufstellen,
dass die obere Platte waagerecht ist und dann die Montierung aufsetzen.
- Die Polachse drehen,
bis die Polarsternmarkierung senkrecht unter dem Kreuz steht. Als Einstellhilfe
kann hier eine entfernte, senkrechte Hauskante dienen
- Den polierten Alu-Ring
(nicht die Polachse) so drehen, dass Zeiger, Markierung und Spiegelbild
des Zeigers deckungsgleich sind.
- Das Datum durch Drehen
des Datumsringes (nicht der Polachse) so stellen, dass der 30. Oktober
auf die Markierung des Alu-Ringes weist. [Am 30.10. kulminiert der Polarstern
um 0 h MEZ auf 15° Ost]
- An dem schwarzen
Ring unter dem Datumsring die kleine Madenschraube lösen, die Markierung
auf die Längenkorrektur "0" drehen und die Madenschraube wieder festziehen.
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Kasten 2: Benutzung des Polsuchers nach den Verbesserungsmaßnahmen
- Die Längenkorrektur
auf die kleine Kerbe im schwarzen Ring stellen.
Die Längenkorrektur ist die Differenz zwischen Längengrad
des Beobachtungsortes und Längengrad der Zeitzone.
Beispiel:
MEZ gilt exakt für 15° östl. Länge
Rheinberg: ca. 7° östl. Länge (also westlich von MEZ)
Differenz: 15°-7°= 8°
Einstellung: 8° W
- Die Markierung des
polierten Alu-Ringes auf das Datum stellen.
- Diese Markierung
des Alu-Ringes durch drehen der Polachse unter den Zeiger stellen, so
das Zeiger, Markierung und Spiegelbild des Zeigers deckungsgleich sind.
- Den Rektaszensions-Teilkreis
auf 0 h drehen (nicht die Polachse) und klemmen.
- Die Polachse drehen,
bis die Uhrzeit (obere Skala) auf der Markierung steht.
- Den Polarstern in
die Kreismarkierung stellen durch Drehen an den Azimut- und Polhöhen-schrauben.
- Abschließend
die Azimut- und Polhöhenschrauben kontern und die Zentralschraube unter
dem Stativ festziehen, ohne dass der Polarstern die Kreismarkierung wieder
verlässt.
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Tabelle 1: Kleine Verbesserungen an der EQ-6
Mangel |
Abhilfe |
Die
Achse verstellt sich etwas beim Festziehen des Klemmhebels. |
Die
Spitze des Klemmhebels ballig feilen. |
Der
gelöste Klemmhebel sackt durch sein Eigengewicht nach unten und bewirkt
eine unerwünschte Klemmung. |
Eine
Feder unterlegen (1,5 Windungen) oder eine Federscheibe. |
Der
schwarze Klemmhebel ist im Dunkeln schwer zu finden. |
Den
Lack entfernen oder weiß lackieren oder mit Leuchtfolie bekleben. |
Die
Handbox fällt leicht herunter. |
Selbstklebendes
Klettband an Handbox und Montierung anbringen (siehe Abb. 3). |
Die
Teilkreise sind recht grob unterteilt. |
Einen
Nonius anbringen,
(siehe Abb. 4, 5 und 6) |
Die
Abdeckkappe des Polsuchers lässt sich schwer öffnen und geht
leicht verloren. |
Die
Abdeckkappe mit einer Lasche (z.B. Kabelbinder) und einer Schraube befestigen. |
Die
Markierung für die Längenkorrektur am Polsucher ist schlecht zu
sehen. |
Die
schwarze Beschichtung in der Kerbe abkratzen (z.B. mit einer Reißnadel). |
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Abb. 4: Nonius am Rektaszensions-Teilkreis
,
die Genauigkeit erhöht sich von 10 min. auf 1 min.
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Abb. 5: Nonius am Deklinations-Teilkreis,
die Genauigkeit erhöht sich von 2° auf 20 bogenmin.
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Die maßstäbliche
Zeichnung am besten mit einem Laserdrucker ausdrucken. Bei Verwendung eines
Tintenstrahldruckers empfiehlt es sich, eine Kopie zu erstellen, da diese
langlebiger ist. Bei Maßstabsabweichungen kann die Zoom-Funktion
des Kopierers verwendet werden, bis der Maßstabs-Balken exakt 50 mm
lang ist.
Ich habe das Papier mit Selbstklebefolie umklebt und mit Doppelklebeband
an der Montierung befestigt.
Die Ausrichtung der Nonien ist ganz einfach. Den Teilkreis genau auf Null
stellen und die Null des Nonius auf eine beliebige Hauptmarkierung des Teilkreises
ausrichten, wie auf den Fotos oben zu erkennen. Bei der Rektaszension z.B.
auf 21 h ausrichten und bei der Deklination auf 30°.
Die äußeren Striche der Nonien müssen wiederum mit einem
Strich des Teilkreises übereinstimmen.
Fazit
Die EQ-6 ist nicht nur für Beobachter, sondern auch für
Astrofotografen ein preiswerter Einstieg in die Mittelklasse. Allerdings
muss man ein wenig bastlerisches Talent mitbringen, um die vorhandenen
Mängel zu beseitigen. Man sollte einkalkulieren, dass bei der fotografischen
Verwendung der EQ-6 schon bald der Wunsch nach einer besseren Steuerung
aufkommen könnte, die jedoch gut nachgerüstet werden kann. Dann
erhält man eine vollwertige Astrofotomontierung für Geräte
bis mindestens 10 kg. Selbst mit dieser Nachrüstung ist die Montierung
immer noch als preiswert zu bezeichnen.
Literaturhinweis:
Stephan Linhart:
Die Montierung Skywatcher EQ-6, SuW 41, 60 [4/2002]
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